Zum Holocaust Gedenktag in Magdeburg - 27. Januar 2025 von Superintendent Stephan Hoenen

Worte auf der Gedenkveranstaltung der Landeshauptstadt an der KZ-Gedenkstätte in Magdeburg-Rothensee

Die Befreiung von Auschwitz heute vor 80 Jahren zog den Lügenmantel der Nazis weg:  Auschwitz-Birkenau - das war ein VERNICHTUNGS-Lager. Die Diktatur der Nazis brachte Demütigungen, Zwangsarbeit, wie hier in Magdeburg, und 6 Millionen jüdische Menschen wurden getötet.

Wieso? Wie ist das möglich? Bis heute sind wir fassungslos über dieses Ausmaß und die Menschenverachtung.

Das WARUM ist eine menschliche Frage. Und auch eine Glaubensfrage: Warum kann Gott das zulassen?

Doch auch die Antwort ist eine menschliche: nicht Gott hat versagt, sondern Menschen, die unmenschlich handelten.

Und das betrifft auch die, die bis heute gnadenlos, unbarmherzig und voller Hass agieren.

Gottes Schweigen zeigt sein Mitleiden und sein Entsetzen. Sein Entsetzen darüber, was der Mensch dem Menschen antut. Im Schweigen liegt Trauer, aber in der Stille wächst auch neue Kraft.

Verehrte Anwesende, es gibt im kirchlichen Bereich die Tradition am Barbaratag Anfang Dezember Kirschzweige zu schneiden und ins Wasser zu stellen. Dann sollen sie zu Weihnachten blühen. Ich hatte auch einen Zweig. Zu Weihnachten hat er nicht geblüht. Aber die Hoffnung bleibt. Und tatsächlich - Anfang Januar ging eine Blüte auf, weitere folgten.

Es ist ein Zeichen für mich und uns: Städtisches Leben in Magdeburg wird auch wieder blühen. Jüdisches Leben wächst an vielen Stellen – auch das dürfen wir 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz konstatieren.

Die lebensfeindlichen Mächte, die Todesmächte, behalten auf Dauer nicht den Sieg.

Ich möchte in diesem Sinne einen Liedtext von Schalom Ben Chorin vortragen:

„Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt, ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt?

Dass das Leben nicht verging, so viel Blut auch schreit. Achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit.

Tausende zerstampft der Krieg, eine Welt vergeht - doch des Lebens Blütensieg leicht im Winde weht.

Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten wiegt, bleibe uns ein Fingerzeig, wie das Leben siegt.“